texte von otto lenk
manchmal
träume ich
ein unbekanntes
wort.
verdichte es.
versuche,
es zu deuten.
erkenne es
und lass es sein.
vollkommen sein.
Du sprachst darüber.
Dass wir nur uns selbst haben.
Dass wir uns nur ein paar wenige Lebenssekunden lang
selbst haben. So ganz und gar.
Und dass wir uns in diesen Momenten ängstigen,
so fremd erscheint das Bild.
Wie zum Beweis wischst du über den Spiegel.
Schaust tief hinein, scheinst zufrieden.
Die Summe des Lebens, sagst du,
ist die Erkenntnis des Nicht-Seins. Darüber hinaus,
sagst du, darüber hinaus, gedacht, gesprochen, geschrieben,
gäbe es nicht/s. Es sei eine Flucht.
Eine Flucht vor der Angst vor uns selbst.
Ich schaue dir bei deinen Worten über die Schulter.
Schaue in den Spiegel, sehe dich nicht,
nur eine gespenstige Gestalt, die sich für den Bruchteil
einer Sekunde selbst sieht und flieht.
Hab keine Angst, sagst du zum weggewischten Ich.
Der Schmerz dauert nur ein Leben lang.
Schuldig
Schuldig
Nach allen Regeln
Oh geile Schuld
Über alle Regeln hinweg
Ich liebe dich
Komm
Ich schulde dir noch was
wer bin ich?
weiß das meer
von seinem kommen und gehen?
weiß der mond
von der erde?
weißt du von mir?
und ich?
Eine Geschichte
Ich möchte das unbeschriebene
Blatt
deines Liebesromans sein
Du wirst dich hinsetzen
gedankenverloren
und zu schreiben beginnen
Und du wirst mich erfinden
Du wirst schreiben
dass ein Blick genügte
um dein Herz zu pulverisieren
Ich werde ein Baum sein
in deiner Geschichte
Und du wirst ein Nest bauen
in meinen Haaren
Wenn du mich liebst
werde ich dein Himmel
dein Blick hinter den Horizont sein
Und wenn du mich hasst
wirst du mir die Hölle beschreiben
Ich bin deine Feder, die Tinte,
das Blatt auf dem ich stehe
Wir werden gewinnen und verlieren
Immer wieder uns in uns verlieren
Und immer wieder werden wir uns trennen wollen
Kriege führen, Schlachten schlagen
Und wir werden verlieren
Am Ende verlieren
Und mein Name wird verblassen auf dem Papier
Und du wirst schreiben
Er war ein Atemzug des Universums
Und ich werde vergehen
Morgenandacht
Ein
zarter Windhauch
Teilte den Nebel am See
Dahinter ein Bild
dazwischen.
mein raum
ein weiß
zwischen wörtern
in einem atemzug
genannt
fühle die leere
aus
ergebe mich
dazwischen.
Sicht-Weise (Tanka)
Schau - selbst die Rose
Lebt in einem Dornenreich
Du bist Tag und Nacht
Das Auge sieht die Blume
Der Mund schmeckt das warme Blut
Gedankensplitter XXXII
Ich sitze auf diesem fremden Planeten und beobachte, wie
mein Blut in einem gleichgültigen Erdboden versickert. Vor mir steht ein Greis, mit einem Stock in der Hand. Er benutzt ihn, um mir Teile meiner Schädeldecke aus dem Kopf zu schlagen. Währenddessen
schreit er etwas von Lebensschuld. Zeitschuld.
Es schmerzt nicht.
Nun hat mein Ich ein paar Panoramafenster.
Beobachte aus einem dieser Fenster den Himmel. Rote Flammenwellen züngeln sich durch ein blasses Blau.
Keine Seelen.
Sommerfäden schweben durch den Raum.
Mein Leben lang sitze ich schon hier … warte auf ein Meer.
Sitze auf einem Wüstenplaneten und warte auf ein Meer. Das spricht für mich. Gegen die Natur. Meine Natur. Mein Leben.
Ich muss mir eine Arche bauen. Eine Arche für all meine Ichs. Bevor ich mich vergesse.
Der Flügelschlag des Schmetterlings verwandelt meine Welt.
Leichtigkeit
umhüllt mein Sein
Für einen Augenblick
verliert sich alle Zeit
in der Unendlichkeit
Ich sitze auf einer fremden Erde und beobachte, wie ich in einem
gleichgültigen Erdboden versickere. Vor mir steht mein Schatten, mit einer Sonnenblume in der Hand. Er reicht sie mir, um die Trauer aus meinem Kopf zu verbannen. Währenddessen schreie ich etwas von
Lebensschuld. Zeitschuld.
Schwere
umhüllt mein Sein
Für einen Augenblick
verliert sich alles Leben
in der Ewigkeit
Keine Seele.
Nachtfäden schweben durch den Raum.
Ich sitze schon so lange hier und warte auf ein Meer.
wenn
wenn ich ein wort wäre
ein ganz neues
noch nie gesprochenes
wort
wollte ich mich
zwischen
deinen worten finden
dort
zum ersten mal gelesen
und bedacht
immer ist herbst
es bleibt ein warten
auf etwas unbestimmtes
dessen kern wir sind